Mensch, Mensch, Mensch
Um für mich die Sache zum Abschluss zu bringen, hier noch eine kleine Begebenheit. Folgendes hat Amys Vater kurz nach ihrem Tod verlautbaren lassen. >“Amy hatte die Drogen besiegt“<.
Absatz – Gedankenstrich – das lasse ich jetzt erst mal sacken. (Nur noch mal so zur Erinnerung und Info. Zwei Wochen nach ihrer letzten „Therapie“ stand sie sturzbetrunken auf der Bühne).
So, und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, Trauer hin, Pietät her – wie bescheuert kann man noch sein? Um was geht es hier dem guten Mann? Ich lasse die Frage von einem „Facebookfreund“ beantworten. Zitat: „Das Thema Abwertung oder Entwertung der eigenen Person dürfte zentrales Thema bei suchtkranken Menschen sein.“
Volltreffer, da möchte ich nur noch hinzufügen, dass dies wohl auch für die meisten Angehörigen und Co-Abhängigen gilt. Es wird lieber gelitten, gestorben und in den Tod getrieben, als zuzugeben, dass man oder jemand eine Krankheit hat. Und dies nur, weil die alten, vorgefertigten Meinungen und Vorurteile nicht aus den Köpfen zu kriegen sind.
Hier gilt eben immer noch: „Alkoholiker = Penner oder Asso und ein Drogenabhängiger ist natürlich auch ein Krimineller. Diese Leute haben keinen Charakter und ausserdem stinken sie. Haben aber auch kein klein bisschen Willenskraft und es nicht anders verdient.“ Es ist durchaus menschlich, nicht so seien zu wollen.
Dabei handelt es sich, ab einem gewissen Zeitpunkt, lediglich um eine Krankheit, gegen die man durchaus etwas unternehmen kann. Weg geht sie nicht, aber sie ist zu kontrollieren. Die Schandtaten der Vergangenheit können nicht beseitigt werden, man kann aber neue, bessere Wege beschreiten. Respekt verdient man sich nicht durch das, was man getan hat, sondern durch das, was man tut.
Und doch wird immer wieder die Vorurteilsleier gespielt. Zu einem sehr grossen Teil von den Betroffenen selbst ! Bevor sie auffällig geworden sind. Die sozialverträglichen Risikotrinker, Alkoholiker und Drogenkonsumenten sind die Schlimmsten. Nicht aus Böswilligkeit, sie bilden sich einfach ein, sie hätten das alles noch unter Kontrolle. Nach der Grenzüberschreitung ist es den Jungs und Mädels dann vor lauter Selbstvorwürfen unmöglich die Krankheit zu erkennen und zu akzeptieren. Denn plötzlich sind sie selbst charakterlose „Schweine“. Und dann wird gekämpft, gegen die Sucht, gegen einen Gegner der 1000 mal stärker ist. Ein Teufelskreis.
Die Gesunden? Die Freunde/innen, die Väter, die Mütter? Der Rest der Verwandtschaft? Schwierig. Schwierig, schwierig. Die schrägen Blicke. Das Getuschel. Die Peinlichkeiten. Mit so Jemanden möchte man ja eigentlich nichts zu tun haben, es menschelt schon wieder. Wir wollen doch alle etwas sein, etwas darstellen. „Mensch, reiß Dich mal ein bisschen zusammen“! Der ganze Schmerz, die Scham, der Hass und die Traurigkeit – einfach vergessen und verziehen? Schwierig. Schwierig, schwierig.
Wer von „besiegt“ spricht, meint es wurde auch „gekämpft“. Die arme Amy, der arme Vater … die armen Menschen.
Hier schliesst sich der Kreis – bis die Tage …
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